Narren...

Nachricht Bramsche, 23. Januar 2025

Narren…

…gewinnen derzeit wieder die Oberhand. Nein, das ist natürlich keine Analyse der politischen Lage dieser Tage in unserem Land und darüber hinaus. Vielmehr bezieht sich dies auf die Karnevals- bzw. Faschingszeit. Sie ist im Norden der Republik nicht so ausgeprägt wie im Westen und Süden, gewinnt aber allerorts immer mehr Fans.

Dies gibt Anlass genug, einmal über die Rolle und Funktion und die durchaus vorhandenen biblischen Bezüge nachzudenken, die der Narr oder die Närrin erfüllt. Lateinisch ‚insipiens‘ ist der Narr oder die Närrin das Gegenteil von ‚sapiens‘- weise. Als insipiens in diesem Sinne gilt derjenige/diejenige, die Gott nicht (er-)kennen. Wie es im 53. Psalm heißt: ‚Der Narr sprach in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott.‘ Dies eint ihn mit dem Gegenspieler Gottes, dem Teufel, der Gottes Macht in Frage stellt. So gehören z.B. in der alemannischen Fastnacht grauenhafte Teufelsmasken zu den Umzügen und Narrensprüngen. Die Gottesferne wird auch im Evangelium vom reichen Kornbauern deutlich, das wir am Erntedankfest hören. (Lukas 12, 16-21)

Als weise dagegen gilt der Gottesfürchtige. So heißt es im 110. Psalm: ‚Die Furcht des Herrn ist aller Weisheit Anfang.‘

Man unterschied zwischen ‚natürlichen‘ und ‚künstlichen‘ Narren. Erstere waren Menschen mit geistigen und/oder körperlichen Einschränkungen, letztere Spaßmacher, die sich Fürstenhöfe und auch einige Städte zur Unterhaltung hielten. Manche waren auch ‚freischaffend‘ und verdienten sich ihren Unterhalt mit machen Tricks, aber auch unbequemen Wahrheiten.

Denn nun wendet sich die Bedeutung: Der Hofnarr zum Beispiel war nicht nur ein Spaßmacher, sondern da er keinem Stand oder einer gesellschaftlichen Position angehörte ‚frei‘, ganz ungeschminkt Wahrheit auszusprechen und die jeweiligen Herrscher damit wieder mit der Realität ihres Umfeldes und dem Leben ihrer Untertanen in Verbindung zu setzen. ‚The truest things are said in jest‘, heißt ein englisches Sprichwort. (Die wahrsten Dinge werden im Scherz gesagt.) Allerdings war dies ein Balanceakt, der den Narren auch schon mal den Kopf kosten konnte.

Die darin wurzelnde Freiheit wird für die Narren der Karnevals- und Faschingszeit maßgeblich. Nahmen sie doch ursprünglich in dieser Zeit ‚die Herrschaften‘ auf die Schippe. Die Uniformen spiegeln dabei die damaligen (Miltär)regierungen. Die Narrenkappe macht aber deutlich, dass – da der Narr ja nicht weiß, was er tut – auch keine Bestrafung möglich ist. Bis heute gehören bissige, politische Aussagen zu den Mottowagen der großen Umzüge in Mainz, Köln und Düsseldorf sowie darüber hinaus. Man denke auch an die berühmte Fastenrede auf dem Nockherberg und Büttenreden.

Bleibt noch ein weiterer Aspekt in dieser keineswegs vollständigen Betrachtung zu erwähnen: der ‚Narr in Christo‘.  Dies geht auf den Apostel Paulus zurück, der die christliche Weisheit als Narretei vor der Welt beschreibt (1. Kor. 3,18). So haben sich Gläubige nicht selten ‚von der Welt‘ zum Narren gemacht. Ein berühmtes Beispiel ist Franz von Assisi, der sich vom Reichtum seines Vaters und der vorgesehenen Karriere als Tuchhändler lossagt, um sich den Armen zu widmen. Aufrichtigkeit, Wahrheitsliebe und Prinzipientreue als Gegensatz zu opportunem, vermeintlich vernünftigem Handeln, wird daher nicht selten als närrisch angesehen.Damit sind wir vielleicht dann doch wieder ganz aktuell?! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine fröhliche und gesegnete Karnevalszeit

Joachim G. Cierpka, Superintendent

J. Cierpka-426-426
Superintendent Joachim G. Cierpka
Kirchenkreis:

Ev. luth. Kirchenkreis Bramsche