Geistliches Wort

Nachricht 04. September 2022
Gartenzaun

Mein Blick fällt in der Morgenstunde am Monitor vorbei in ein Stück Garten. Tiefgrün die Blätter des Walnussbaums. Braunverbrannt der Rasen. Gerade hab‘ ich draußen gegossen. Es soll wieder heiß werden, vielleicht der heißeste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen. Aber wenigstens die bienenfreundlichen Blüten sollen nicht verdorren. Mein Blick fällt wieder auf das weiße Blatt auf dem Monitor. Was ich schreibe, ist für den Herbst bestimmt. Gedanken gegen die Zeit! Dabei merke ich, wie es mich berührt, dieses „Gegen die Zeit“. Wie oft leben und rennen wir gegen die Zeit? Der berühmt berüchtigte Wettlauf, in dem es immer etwas zu spät scheint, was man tut: können wir es schaffen, bis zum Winter genügend Gasreserven anzulegen, können wir es schaffen, die Klimakatastrophe abzuwenden, können wir es schaffen, schnell genug auf jede neue Corona-Variante einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln? Es macht mich ganz atemlos, wenn ich über diesen Wettlauf grüble. Gegen die Zeit… das bedeutet aber auch eine „Gegenzeit“, eine andere Zeit. Sofort denke ich an die Zeitenwende, die wegen des Überfalls auf die Ukraine in aller Munde ist. Die macht mich fast sprachlos. Aber ich denke auch an eine „Gegenzeit“, eine Zeit, die ganz anders ist als unsere Normalzeit. Die Zeit außerhalb des Alltags. Da denke ich an die Ferien, die noch nicht einmal halb rum sind, während ich am Computer sitze. Alles scheint langsamer zu laufen. Was teils schön ist, teils aber auch nervt. Vor allem, wenn man selbst nicht im Urlaub ist. Dann aber denke ich an diese vielen kleinen Gegenzeiten. Wenn ich mir Raum nehme für ein Gebet. Wenn wir sonntags miteinander Gottesdienst feiern. Wenn wir danach entspannt beieinandersitzen und den Kaffee und das Miteinander zelebrieren und genießen. Diese Gegenzeiten sind wie ein Geschenk, wie eine Quelle neuer Kraft, wie die Möglichkeit, den Kopf einmal aus dem reißenden Fluss der Zeit zu strecken, um das rettende Ufer sehen zu können.  

In den kommenden Monaten gibt es wieder einige solcher Gegenzeiten: Erntedank, Herbstferien, Ewigkeitssonntag oder der 1. Advent. Geschenkte Zeiten. Zeit, um für das Leben zu denken, zu danken und zu beten. So wird die Gegen-Zeit zur Für-Zeit, zur Segenszeit.

In diesem Sinne – bleiben Sie behütet

Ihre und Eure Pastorin Stephanie Seger